Allgemein

Lysimeter simulieren die natürliche Beziehung zwischen Boden, Atmosphäre und Pflanze. In der boden- kundlichen Forschung dienen sie als Werkzeug zur Untersuchung unterschiedlichster Problemstellungen: Transportphänomene im Erdreich, die Wasserbilanz von Böden und Pflanzen, und hochaktuelle Themen aus den Bereichen Deponietechnik und Altlastensanierung.




Lysimeteranlage Hirschstetten

Die Lysimeteranlage Hirschstetten besteht aus 18 Lysimetern.
Die Abmessungen der Lysimeter betragen 2,5 m Höhe und 2 m Durchmesser (ca 10 t Erdvolumen). Jeweils sechs Lysimeter sind mit einem für das Marchfeld typischen Boden befüllt:
  • Feuchtschwarzerde
    (Lagerstätte Orth/Donau)
  • Tiefgründiger Tschernosem
    (Lagerstätte Fuchsenbigl)
  • Seichtgründiger Tschernosem
    (Lagerstätte Fuchsenbigl)

Die Lysimeter sind in zwei Reihen angeordnet, pro Reihe drei Feucht- schwarzerden, drei tiefgründige und drei seichtgründige Tschernoseme. Eine der beiden Reihen ist für künstliche Bewässerung und für Radionuklid-Anwendungen (Tracer) vorgesehen. Die Tracertechnik ist ein wichtiges Werk­zeug, um den Stofftransport (z.B. Pestizide und Düngemittel) im Erdreich, in den Pflanzenwurzeln und im Blattwerk zu bestimmen. Bei dieser Technik wird üblicherweise ein Teil des in jeder organischen Substanz vorkommenden stabilen Kohlenstoffs durch das radio­aktive Isotop 14C ersetzt, durch diese "Markierung" läßt sich die Substanz meßtechnisch "verfolgen".

Eine kurze Einführung in den Themenkreis "Bodenkunde" und einige Begriffsbestimmungen sind unter Bodenkunde zusammengefaßt.

Die fertig befüllte und bereits mit Sonden bestückte Lysimeteranlage. Im Hintergrund sichtbar das markante "Rinter- Zelt", eines der vielen Wahrzeichen Wiens.

Sonden

Die Lysimeter sind einheitlich in den Erdboden-Niveaus -30, -60, -90, -126, -150, -180 und -210 cm mit folgenden Sonden ausgestattet:

  • Drucktensiometer zur Messung der Saugspannung
  • Bodentemperaturfühler (in den Drucktensiometern integriert)
  • TDR-Sonden (Time Domain Reflectometry) zur Messung des Wassergehaltes
  • Saugkerzen zur Entnahme von Bodenwasserproben für chemische Analysen

Weiters ist pro Lysimeter eine Kippwaage zur Messung der Sickerwassermenge und eine parametrierbare Drucksteuerung für die Wasserprobennahmen mittels Saugkerzen vorgesehen. Details zur Sondenbestückung und zur Funktionsweise der Sonden finden sich unter Sensorik.

Wetterstation

Die Lysimeteranlage wird durch eine Wetterstation mit folgenden Sensoren komplettiert:

  • Lufttemperatur (linearisiertes NTC-Netzwerk)
  • Relative Luftfeuchte (Haarhygrometer)
  • Luftdruck (Dosenbarometer)
  • Albedostrahlung (Sternpyranometer)
  • Wind (Geschwindigkeit, Richtung, Vektor und Bö)
  • Niederschlag (Kippwaage, Auffangtrichter in 1 m Höhe)
  • Regenwanne (Kippwaage, Trichter auf Bodenniveau)
  • Bodentemperatur +5 cm, -10 cm, -30 cm, -60 cm, -90 cm

Datenerfassung

Jedes Lysimeter ist für die Datenerfassung mit einem autonomen Datenlogger ausgestattet. Die 18 Datenlogger sind über einen Terminalserver zu einem lokalen Meßnetz verbunden und werden über einen Meßnetz-PC (Host-PC) administriert. Der Meßnetz-PC hat folgende Aufgaben:

  • Konfiguration der Datenlogger
    (Meßbereich, Umrechnungspolynome, Meßintervall usw.)
  • Konfiguration der Drucksteuerung
    (Triggerschwelle, Saugzyklus usw.)
  • Periodische Datenabfrage
  • Datentransfer zu einer Oracle-Datenbank
  • Visualisierung der Meßwerte
    (Excel/Visual Basic -Applikation)

Die über 350 Sonden liefern im Minutenintervall pro Tag über 500.000 Meßwerte, das sind im Jahr über 180 Millionen Meßwerte, für die Archivierung werden die Daten auf Zehnminuten­mittelwerte komprimiert. Aus Datenbanksicht ist pro Monat mit etwa 30 MB Daten (inklusive Wetterstation) zu rechnen. Details zur Datenerfassung und Visualisierung finden sich unter Datenerfassung.

Chronik

Die Projektabwicklung erfolgte vollständig unter Einhaltung der ISO 9001 Vorgaben. Die Errichtung der Anlage wurde termingerecht (auf den Tag genau) am 28. August 1995 abgeschlossen, am 1. September wurde der dokumentierte Probebetrieb aufgenommen und Anfang Oktober 1995 wurde die Anlage, eine der größten und modernsten Lysimeter-Forschungsanlagen in Europa, an den Betreiber übergeben.

Die Erarbeitung der zahlreichen Detaillösungen erfolgte in einer eigens gebildeten Projektgruppe bestehend aus Nutzer­vertretern, beigezogenen Konsulenten und Mitarbeitern des Projektteams. An den über zwanzig protokollierten Projekt­besprechungen nahmen im Schnitt jeweils 9 Personen teil, in Summe etwa 700 Mannstunden. Wenn man Vorbereitungszeiten einrechnet, schlagen alleine diese interdisziplinären Gespräche mit knapp einer Million Schilling zu Buche. Der Auftrag umfaßte folgende Leistungen:

  • die Herstellung und Montage der Lysimetergefäße (Blechstärke 5 mm, knapp 500 Sondenflansche mit unterschiedlichen Neigungswinkeln). Details siehe Behälterfertigung
  • die bodenkundliche Aufnahme der Lagerstätten der Böden (etwa 900 Bodenproben)
  • die Entnahme und Zwischenlagerung der Böden (Logistikproblem - etwa 7000 nach Bodentyp und Bodenschicht geordnete Säcke)
  • die Einbringung und künstliche Verdichtung der Böden (etwa 5 Tage pro Lysimeter, Schönwetter vorausgesetzt)
  • die Instrumentierung der befüllten Lysimeter mit über 350 Sonden (aufwendige horizontale Erdbohrungen)
  • die Errichtung einer Wetterstation und einer Bewässerungsanlage
  • erweiterte Datenlogger-Software für TDR-Sonden, Drucktensiometer und Drucksteuerung
  • Software für Datenarchivierung und Datenvisualisierung
  • einmonatiger protokollierter Testbetrieb

 

Links und Kontakte


BFL Bundesamt und Forschungsanstalt
für Landwirtschaft


Kroneis, Wien
(Meteorologische Sensoren)


UMS, München (Tensiometer, Drucksteuerung)


IMKO, Ettlingen Deutschland
(TDR-Sonden)


Kontakt
Austrian Research Center
A-2440 Seibersdorf